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71000-01 - Seminar: Irhal! Zur Geschichte der arabischen Demokratie 3 KP

Semester Frühjahrsemester 2024
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Manfred Sing (manfred.sing@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Arabische Staaten schneiden bei Rankings von Nichtregierungsorganisationen wie Freedom House in Bezug auf demokratische Freiheiten und Grundrechte regelmäßig sehr schlecht ab. Trotz des so genannten arabischen Frühlings 2010/11 sind im vergangenen Jahrzehnt hierbei sogar noch Rückschritte zu verzeichnen. Die Diskussion über die Ursachen fokussiert ebenso regelmäßig auf kulturelle oder regionale Spezifika, die entweder nur für die Zeit seit der nationalen Unabhängigkeit untersucht oder gleich bis auf die frühislamische Zeit zurückgeführt werden. Eine Vielzahl von Studien widmen sich auch der Frage, ob der Islam mit der Demokratie kompatibel oder inkompatibel sei. Das Seminar wirft hingegen einen kritischen Blick auf die Demokratie-Geschichtsschreibung, wonach Demokratie eine europäische Erfindung sei und durch Europa in die Welt verbreitet worden sei. Diese idealisierte Bild, das die innen- und außenpolitisch die gewalttätige Seite der Staatsbildung ausklammert, ist in den vergangenen Jahren zusehends hinterfragt worden. Zudem mutierte Demokratie erst im 19. Jahrhundert zu einem europäischen Alleinstellungsmerkmal, wobei dem griechischen Befreiungskampf gegen das Osmanische Reich (1821–1829) eine wichtige Rolle zufiel, weil dadurch einerseits eine europäische Abstammungslinie zurück zur attischen Demokratie gezogen wurde und andererseits das Stereotyp der „orientalischen Despotie“ reaktiviert und mit dem antiken Abwehrkampf gegen die persische „Despotie“ parallelisiert wurde. Im Seminar werden demokratische Grundelemente (Wahlen, Beratung, Partizipation) quer durch die arabische Geschichte sichtbar gemacht. Außerdem werden demokratie-fördernde Prozesse besprochen, wie Herrschaftseinhegung, zunehmende Partizipation und Repräsentation seit dem 17. Jahrhundert, sowie demokratie-hinderliche Faktoren wie Kolonialismus und Nationalismus, die mit Gewaltprozessen verbunden waren. Theoretisch baut das Seminar auf das von Chantal Mouffe geprägte Verständnis von Demokratie als einer agonistischen Praxis auf, entkleidet diesen Ansatz aber so weit wie möglich von seinem normativen Anspruch und historisiert ihn. Vermittelt werden soll dabei, (1) dass Demokratie an sich ein konflikthafter Prozess ist und dass Vorstellungen von Demokratie umstritten sind; (2) dass auch Gegner „der westlichen“ Demokratie im 20. Jahrhundert in steigendem Maße argumentativ auf demokratische Prinzipien (wie Freiheit, Repräsentativität, Gleichheit, Gerechtigkeit) zurückgreifen, selbst wenn sie eine undemokratische Politik verfolgen.
Lernziele Das Blockseminar
- wirft einen kritischen Blick auf das Narrativ, dass Demokratie eine europäische Erfindung war und von Europa in die Welt verbreitet wurde. Die Studierenden sollen sich mit der Kritik an diesem Narrativ auseinandersetzen und die Probleme dieses Narratives reflektieren.
- zeigt die Existenz demokratischer Grundelemente (Wahlen, Herrschaftsbegrenzung, Rechtsstaatlichkeit, Egalitarismus etc.) quer durch die Jahrhunderte der arabischen Geschichte auf, die in modernen Debatten reaktiviert werden. Die Studierenden sollen diese Elemente identifizieren und kritisch einordnen können.
- zeigt, dass der Aufbau moderner arabischer Nationalstaaten mit äußerer und innerer Gewalt verknüpft war (Kolonialismus, Nationalismus). Die Studierenden sollen begreifen, welchen Einfluss Gewaltprozesse auf das Verständnis von Demokratie hatten.
- arbeitet mit dem theoretischen Ansatz Chantal Mouffes von der agonistischen Demokratie, historisiert ihn und verwendet ihn ohne die normative Aufladung. Die Studierenden lernen diesen Ansatz kennen und setzen sich mit dem Ansatz ebenso wie mit der Kritik daran kritisch auseinander.
- vermittelt den Studierenden ein komplexeres Verständnis für das substanzielle Demokratie-Defizit in gegenwärtigen arabischen Staaten trotz einer weiten Verbreitung von formal demokratischen Formen (Wahlen, Parlamente etc.).
Literatur Chantal Mouffe: The Democratic Paradox. 2000.
Chantal Mouffe: Deliberative Democracy or Agonistics Pluralism? Social Research 66, 3 (1999): 745–758.
Vincent August: Understanding Democratic Conflicts: The Failures of Agonistic Theory. European Journal of Political Theory (2022): 1–22.
Bemerkungen Daten werden noch bekanntgegeben.

 

Teilnahmebedingungen Gute Sprachkenntnisse des Englischen
Für Vertiefung: Sprachkenntnisse der Originalquellen (u.a. Arabisch)
Anmeldung zur Lehrveranstaltung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich.
Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz

 

Intervall Wochentag Zeit Raum
Block Siehe Einzeltermine

Einzeltermine

Datum Zeit Raum
Freitag 15.03.2024 14.15-17.45 Uhr Maiengasse, Seminarraum E005
Samstag 16.03.2024 10.15-14.45 Uhr Maiengasse, Seminarraum E005
Freitag 12.04.2024 14.15-17.45 Uhr Kollegienhaus, Seminarraum 103
Samstag 13.04.2024 10.15-14.45 Uhr Kollegienhaus, Seminarraum 103
Freitag 17.05.2024 14.15-17.45 Uhr Maiengasse, Seminarraum E005
Samstag 18.05.2024 10.15-14.45 Uhr Maiengasse, Seminarraum E005
Module Modul: Erweiterung Gesellschaftswissenschaften B.A. (Bachelor Studienfach: Politikwissenschaft)
Modul: Erweiterung Gesellschaftswissenschaften M.A. (Master Studienfach: Politikwissenschaft)
Modul: Europäisierung und Globalisierung (Masterstudium: European Global Studies)
Modul: Fortgeschrittene Nahoststudien (Bachelor Studienfach: Nahoststudien)
Modul: Themen der Near & Middle Eastern Studies (Master Studienfach: Near & Middle Eastern Studies)
Leistungsüberprüfung Lehrveranst.-begleitend
Hinweise zur Leistungsüberprüfung Teilnahme am Kurs; Teilnahme an Kleingruppenarbeit; Übernahme eines Referatsthemas; Ausarbeiten eines Essays.
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich
Wiederholungsprüfung keine Wiederholungsprüfung
Skala Pass / Fail
Wiederholtes Belegen nicht wiederholbar
Zuständige Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Fachbereich Nahost-Studien

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