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37991-01 - Seminar: Musiknotation im Wandel. Theorie und Praxis der Notenschriften zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert 3 KP

Semester Herbstsemester 2014
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Florian Effelsberg (florian.effelsberg@unibas.ch)
Matteo Nanni (matteo.nanni@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Die verschiedene Formen der Notation von Musik besitzen eine epochenübergreifende, zentrale Bedeutung für die Musikgeschichte. Eine ihrer primären Aufgaben war und ist es, musikalische Strukturen durch ihre Verschriftlichung zu konservieren und somit über temporale und lokale Distanzen reproduzierbar zu machen. Diesem Dogma folgen die klassischen Arbeiten und Nachschlagewerke zur Musiknotation und konzentrieren sich vornehmlich auf Aspekte der Aufführbarkeit und Orthografie der Notenschriften: Die einzelnen Notenzeichen werden im Hinblick auf ihre pragmatische Lesbarkeit entschlüsselt und klassifiziert. Neben einer rein praxisorientierten Funktion der Lesbarkeit weisen Notenschriften jedoch unterschiedliche Strategien der Visualisierung von musikalischen Sachverhalten auf, die bislang kaum erkannt und bedacht worden sind: Notenschrift soll hier in ihrer grundlegenden Seinsweise als historisch bedingte visuelle Kulturtechnik befragt werden.
Versteht man die Musiknotation sowohl als sinnerzeugende Schrift und zugleich als Visualisierung zugrundeliegender musikalischer Phänomene, entsteht der Bedarf, die Notenschrift hinsichtlich ihrer spezifischen notationalen sowie deiktischen Modalitäten zu untersuchen. Musiknotationen sind der materielle Träger einer dialektischen Spannung zwischen Erinnerung und Vergegenwärtigung, zwischen Visuellem und Klanglichem, zwischen Bildhaftem und Bildlosem. Die Frage nach ihren spezifischen Visualisierungsstrategien macht die Niederschrift akustischer Phänomene neben einem semiotischen auch zu einem bildtheoretischen Problem.
Die Geschichte der Musiknotation, die in Europa seit den frühesten Notenschriften im 9. Jahrhundert ihren Beginn fand und die im Verlauf des Mittelalters und der Frühen Neuzeit weiterentwickelt wurde, ist nicht nur musikhistorisch bedeutsam, sondern auch im Hinblick auf die Frage nach einer Kulturgeschichte der Visualisierung höchst relevant. Die jüngere Schriftbildlichkeitsdebatte hat gezeigt, dass Schrift im Allgemeinen mehr als bloße phonologische Transkription ist und dass in der Schrift diskursive, notationale und ikonische Aspekte eng verbunden sind. So vermag die Einbettung von Fragen der musikalischen Notationen in einer schrift- und bildtheoretischen Diskussion zu helfen, den Blick auf das genuin deiktische Moment der Schriftbildlichkeit musikalischer Notationssysteme präziser zu schärfen. Im Rahmen einer Kulturgeschichte der Visualisierung können und sollen die visuelle Logik von Notenschriften – die spezifische Logik der Visualisierungsprozesse im Rahmen der Geschichte der musikalischen Notation –, sowie der jeweilige Modus des Zeigens, der den musikalischen Notationen in ihrer jeweiligen historischen Ausprägung innewohnt, aus der verschränkten Perspektivierung von Zeichen- und Bildtheorien untersucht werden. Dabei sollen theoretische Ansätze aus den jeweiligen historischen Kontexten im stetigen Dialog mit den Theoriebildungen der Moderne reflektiert werden.
Lernziele Geschichte und Semiotik der Notationsgeschichte vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit.
Literatur Mary J. Carruthers, Mental Images, Memory Storage, and Composition in the High Middle Ages, in: Das Mittelalter 13 (2008) 1, S. 63–79
Mary Carruthers, The Book of Memory, New York 2008 (Zweite Auflage)
Jacques Derrida, De la grammatologie, Paris 1967
Martin Fischer, Schrift als Notation, in: Peter Koch und Sybille Krämer (Hg.), Schrift , Medien, Kognition. Über die Exteriorität des Geistes, Tübingen 1997, S. 83–101
Nelson Goodman, Languages of Art, London 1969
Max Haas, Musikalisches Denken im Mittelalter. Eine Einführung, Bern 2007 (Zweite Auflage)
Roy Harris, Writing and notation, in: Hartmut Günther und Otto Ludwig (Hg.), Schrift und Schriftlichkeit. Writing and its Use. Ein interdisziplinäres Handbuch internationaler Forschung. An Interdisciplinary Handbook of International Research, Zweiter Halbband. Berlin, New York 1996, S. 1536-1545.
Sybille Krämer, 'Schriftbildlichkeit' oder: Über eine (fast) vergessene Dimension der Schrift, in: Sybille Krämer und Horst Bredekamp (Hg.), Bild Schrift Zahl, München 2003, S. 157–176
Sybille Krämer, Operative Bildlichkeit. Von der ‘Grammatologie’ zu einer ‘Diagrammatologie’? Reflexionen über erkennendes Sehen, in: Logik des Bildlichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft, hg. v. Martina Hessler und Dieter Mersch, Bielefeld 2009, S. 94-123

 

Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz

 

Intervall Wochentag Zeit Raum

Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.

Module Modul Ältere Musikgeschichte (Bachelor Studienfach: Musikwissenschaft)
Modul Ältere Musikgeschichte MA (Master Studienfach: Musikwissenschaft)
Modul Historischer Bereich I (bis ca. 1450) (Bachelor Studienfach: Musikwissenschaft (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Historischer Bereich I (bis ca. 1450) (Master Studienfach: Musikwissenschaft (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Historischer Bereich II (1450-1600) (Master Studienfach: Musikwissenschaft (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Historischer Bereich II (ca. 1450-ca.1600) (Bachelor Studienfach: Musikwissenschaft (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Leistungsüberprüfung Lehrveranst.-begleitend
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich
Wiederholungsprüfung keine Wiederholungsprüfung
Skala Pass / Fail
Wiederholtes Belegen nicht wiederholbar
Zuständige Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Fachbereich Musikwissenschaft

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