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48722-01 - Vorlesung: Geschichten von Troja 2 KP

Semester Herbstsemester 2017
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Jens Pfeiffer (j.pfeiffer@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Ein Humanisten-Kalauer besagt, dass wir nicht genau wüssten, ob Homer gelebt habe, mit Sicherheit jedoch sagen könnten, dass er blind gewesen sei. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Geschichte des trojanischen Krieges, ein Werk, das sich aus verschiedenen, uns nicht mehr zugänglichen Quellen speist, sich nicht der poetischen Erfindungsgabe eines ingeniösen Einzelnen verdankt, sondern eher so etwas wie die Kompilation eines Autorenkollektivs gewesen sein dürfte, das wir in Ermangelung konkreter Kenntnisse ‚Homer‘ nennen. Wie auch immer: Die homerischen Texte, von denen der eine, Ilias, nur einen Ausschnitt des Krieges erzählt und der andere, Odyssee, ‚nur‘ eine seiner Nachgeschichten, entpuppen sich als potente Keimzellen für eine im wörtlichen wie übertragenen Sinne sagenhafte literarische Produktion. Uns ist davon vieles verlorengegangen. Es muss kurz nach Homer eine Fülle von Epen gegeben haben, die die Vor- und Nachgeschichten des Krieges erzählen, der sog. ‚Epische Zyklus‘. Einiges kennen wir aus späteren dramatischen Bearbeitungen. Manche Geschichte wird auch wesentlich später nachgereicht, am signifikantesten sicher durch die Aeneis Vergils, der vor allem durch diesen Text zum ‚Vater des Abendlands‘ avanciert.
Trotz seiner ungeheuren Bedeutung geht Homer dem Abendland zwischenzeitlich verloren. Griechisch konnten im sog. christlichen, was unter Ausblendung der griechisch-orthodoxen Kirche stets bedeutet: im katholischen Abendland nur sehr wenige lesen. Homers Texte waren im Westen daher beinahe völlig unbekannt. Was man wusste, hatte man aus der antiken und spätantiken lateinischen Literatur. Vergil, der zu den Schulautoren zählte, hatte seine Aeneis nach Homerischem Vorbild gestaltet und ein spätantiker Autor namens Macrobius weist die Zitate aus den homerischen Texten nach, aber die späteren Autoren kannten weder die Ilias noch die Odyssee im Original, noch in einer brauchbaren Übersetzung. Erst ein Freund Boccaccios und Petrarcas und Inhaber des ersten Lehrstuhls für Griechisch, Leonzio Pilato, wird im 2. Drittel des 14. Jahrhunderts lateinische Übersetzungen von beiden Werken anfertigen. Ohnehin galt Homer als nicht seriös, weil er die Geschichten um den Trojanischen Krieg nur erfunden habe, was man an der überbordenden Darstellung von Göttern sehen könne. Die Gewährsmänner für die mittelalterlichen Autoren waren Dares Phrygius und Dictys Cretensis, die angeblich selbst im Krieg gekämpft hatten: der eine auf trojanischer (Dares der Phrygier), der andere (Dictys der Kreter) auf griechischer Seite. Alles Fakes, aber von unabsehbarer Wichtigkeit für die europäische Literatur des Mittelalters. Im Mittelalter kein Troja ohne Dares Phrygius und Dictys Cretensis.
Dass man sich im Mittelalter für Troja interessierte, hat freilich nicht nur literarische Gründe. Wie Vergil berichtet, flieht Aeneas, ein trojanischer Fürst, aus dem brennenden Troja, landet in Latien, um eine dort ansässige Prinzessin zu heiraten und mit ihr eine Geschlechterlinie zu begründen, aus der irgendwann Romulus und Remus hervorgehen sollten, die Gründer Roms. Wenn man bedenkt, dass das deutsche Reich als ‚Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation‘ firmierte und die Franken sich als direkte Nachfahren des Aeneas und der Trojaner betrachteten (etwas, das noch Kaiser Maximilian zu Beginn des 16. Jahrhundert tat), sieht man, welch ungeheure politische Bedeutung der Stoff mittransportiert. Es geht um nichts Geringeres als die Begründung von Macht und deren geschichtstheologische Absicherung.
In der Vorlesung werde ich versuchen, die bisweilen verschlungenen Rezeptionslinien, die der Troja-Stoff von Homer bis ins Spätmittelalter genommen hat, in möglichst unterhaltsamer und eingängiger Form nachzuzeichnen und zumindest einige der verschiedenen Aspekte und Lesarten des Stoffes nachzuvollziehen.

 

Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz
HörerInnen willkommen

 

Intervall Wochentag Zeit Raum

Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.

Module Interphilologische Lehrveranstaltungen für die Nordistik (Bachelor Studienfach: Nordische Philologie (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Interphilologische Lehrveranstaltungen für die Slavistik (Master Studienfach: Slavistik (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Interphilologisches Angebot: Allgemeine Literaturwissenschaft (Bachelor Studienfach: Deutsche Philologie (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Allgemeine Literaturwissenschaft (Master Studienfach: Deutsche Literaturwissenschaft (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Aufbaustudium Deutsche Literaturwissenschaft (Master Studienfach: Deutsche Literaturwissenschaft (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Aufbaustudium Mediävistische Germanistik (Bachelor Studienfach: Deutsche Philologie)
Modul Deutsche Literaturwissenschaft: Forschungsorientiertes Studium (Master Studienfach: Deutsche Literaturwissenschaft)
Modul Deutsche Literaturwissenschaft: Grundwissen Master (Master Studienfach: Deutsche Literaturwissenschaft)
Modul Einführungswissen Germanistische Mediävistik (Bachelor Studienfach: Deutsche Philologie (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul English & American Literature (Master Studienfach: Englisch (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Extending the View (Literary and Cultural Studies) (Bachelor Studienfach: Englisch (Studienbeginn vor 01.08.2013))
Modul Germanistische Mediävistik (Master Studienfach: Deutsche Philologie)
Modul Germanistische Mediävistik I (Master Studienfach: Deutsche Philologie (Studienbeginn vor 01.08.2013))
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