Zur Merkliste hinzufügen
Zurück

 

23633-01 - Seminar: Bildung und soziale Ungleichheit 3 KP

Semester Frühjahrsemester 2020
Angebotsmuster unregelmässig
Dozierende Regula Julia Leemann (regula.leemann@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Das Bildungssystem und seine Verknüpfungen zum Beschäftigungssystem übernehmen in liberal-demokratischen Gesellschaften die Funktion, soziale Ungleichheiten entlang Einkommen, Macht und Prestige zu legitimieren. Die gesellschaftlichen Prinzipien der Leistungsmeritokratie und Chancengleichheit sollen garantieren, dass jedes Individuum unabhängig von seiner familiären Herkunft die gleichen Chancen hat, eine erfolgreiche Bildungs- und Berufslaufbahn einzuschlagen. Damit soll eine "Um- und Neuverteilung" von sozialen Chancen über die Generationen hinweg garantiert werden (soziale Mobilität).
Seit den 1960er Jahren wird die Institution Schule jedoch immer wieder kritisiert. Chancengleichheit in der Schule sei eine Illusion (P. Bourdieu), soziale Ungleichheiten würden über Bildungsungleichheiten reproduziert, soziale Mobilität sei nur bedingt gegeben. Wissenschaftliche Studien belegen denn auch, dass die sozialen Bedingungen, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, deren schulisches Leistungsvermögen, Bildungsmotivationen und Bildungsentscheidungen bei den Übergängen in die verschiedenen Bildungswege beeinflussen. Im Weiteren zeigen Untersuchungen, dass auch die institutionelle Struktur des Bildungssystems, u.a. die Leistungsdifferenzierungen nach der Primarstufe, sowie die Kultur und Prozesse in der Organisation Schule für ungleiche Bildungschancen mitverantwortlich sind. Auch im Erwerbsleben werden soziale Ungleichheiten nachgewiesen, da die erreichten Positionen nicht nur vom Bildungstitel, sondern auch von der familiären Herkunft abhängen.
Die Bildungspolitik und die pädagogischen Professionen sind deshalb seit längerem herausgefordert, diesen Ungleichheiten im Bildungserwerb mit institutionellen und pädagogischen Massnahmen zu begegnen. So wurden in den letzten Jahrzehnten die nationalen Bildungssysteme laufend ausgebaut. Mehr Ausbildungsplätze in der höheren Bildung und verbesserte Durchlässigkeit sollten Bildungsungleichheiten abbauen helfen. Mit kompensatorischen pädagogischen Massnahmen (z.B. Frühförderung, Individualisierung) wurde versucht, sozialen Benachteiligungen im schulischen Lernen zu begegnen. Trotzdem erweisen sich diese Bildungsungleichheiten als äusserst stabil.
Im Seminar befassen wir uns mit dem komplexen und spannungsreichen Verhältnis von Bildung und gesellschaftlicher Ungleichheit in einer historischen, bildungs-, ungleichheits- und arbeitsmarktsoziologischen Perspektive. Dabei gehen wir der Frage nach, welche institutionellen Bedingungen für diese Beharrungskraft von sozialer Ungleichheit in der Bildung verantwortlich sind, und welche zu deren Minderung führen können.
Lernziele Sie kennen und verstehen
- soziologische Konzeptionen von sozialer Ungleichheit wie "soziale Schichten", "Klassen", "soziale Lagen" oder "Milieus" sowie das Konzept von "sozialer Mobilität".
- gesellschaftliche Funktionen des Bildungssystems im Kontext von sozialer Ungleichheit.
- grundlegende Muster und Entwicklungen sozial ungleicher Bildungsergebnisse.
- verschiedene theoretische Zugänge, welche das Zustandekommen von Bildungsungleichheiten nach sozialer Herkunft erklären können.
- institutionelle Bedingungen, die für die Stabilität von sozialer Ungleichheit in der Bildung
verantwortlich sind
- institutionelle Bedingungen, welche den Abbau von Bildungsungleichheiten unterstützen können.
Literatur Becker, Rolf. 2012. Soziale Ungleichheit von Bildungschancen in der Schweiz und was man dagegen tun könnte. In: Akademien der Wissenschaften Schweiz (Hrsg.): Zukunft Bildung Schweiz. Akten der Fachtagung vom 21. April 2010 , S. 21-38. Bern: Akademien der Wissenschaften Schweiz.
Edelstein, Benjamin. 2016. Stabilität und Wandel der Schulstruktur aus neoinstitutionalistischer Perspektive. Überlegungen zur Schulpolitik unter Bedingungen der Pfadabhängigkeit. In: Björn Hermstein, Nils Berkemeyer und Veronika Manitius (Hrsg.): Institutioneller Wandel im Bildungswesen. Facetten, Analysen und Kritik. Weinheim und Basel: Beltz Juventa, S. 47-70.
Geißler, Rainer. 2013. Die Metamorphose der Arbeitertochter zum Migrantensohn. Zum Wandel der Chancenstruktur im Bildungssystem nach Schicht, Geschlecht, Ethnie und deren Verknüpfungen. In: Peter A. Berger und Heike Kahlert (Hrsg.). Institutionalisierte Ungleichheiten. Wie das Bildungswesen Chancen blockiert, Weinheim und Basel: Beltz Juventa, S. 71-100 (3. unveränderte Auflage).
Graf, Martin und Markus Lamprecht. 1991. Der Beitrag des Bildungssystems zur Konstruktion sozialer Ungleichheit. In: Volker Bornschier (Hrsg.). Das Ende der sozialen Schichtung? Zürcher Arbeiten zur gesellschaftlichen Konstruktion von sozialer Lage und Bewusstsein in der westlichen Zentrumsgesellschaft. Zürich: Seismo, S. 73-96.
Falcon, Julie. 2016. Soziale Mobilität in der Schweiz im 20. Jahrhundert: zwischen Demokratisierung der Bildung und Fortbestand der Klassenungleichheiten. Social Change in Switzerland:1-13.
Lamprecht, Markus. 1991. Möglichkeiten und Grenzen schulischer Chancengleichheit in westlichen Gesellschaften. In: Volker Bornschier (Hrsg.), Das Ende der sozialen Schichtung? Zürcher Arbeiten zur gesellschaftlichen Konstruktion von sozialer Lage und Bewusstsein in der westlichen Zentrumsgesellschaft. Zürich: Seismo, S. 126-153.
Leemann, Regula Julia. 2015. Mechanismen der Herstellung und Reproduktion von Ungleichheiten im Bildungsverlauf. In: Autorenteam Bildungssoziologie (Hrsg.), Schule und Bildung aus soziologischer Perspektive. Bern: hep (in Vorbereitung).
Solga, Heike, Peter A. Berger und Justin Powell. 2009. Soziale Ungleichheit – Kein Schnee von gestern! Eine Einführung. In: Heike Solga, Justin Powell und Peter A. Berger (Hrsg.). Soziale Ungleichheit. Klassische Texte zur Sozialstrukturanalyse. Frankfurt/Main: Campus, S. 11-20.

 

Teilnahmebedingungen BA-Abschluss
Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz

 

Intervall Wochentag Zeit Raum

Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.

Module Modul Bildungsorganisation und Systemsteuerung (Masterstudium: Educational Sciences)
Leistungsüberprüfung Lehrveranst.-begleitend
Hinweise zur Leistungsüberprüfung Anwesenheit (80%)
- aktive Teilnahme an der Lehrveranstaltung (Vorbereitungstexte sind gelesen, Auf- und Nachbereitungsarbeiten erledigt)
- Schriftliche Arbeit (Essay)
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: Dozierende
Wiederholungsprüfung keine Wiederholungsprüfung
Skala Pass / Fail
Wiederholtes Belegen beliebig wiederholbar
Zuständige Fakultät Institut für Bildungswissenschaften, bildungswissenschaften@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Institut für Bildungswissenschaften

Zurück