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Semester | Herbstsemester 2020 |
Angebotsmuster | einmalig |
Dozierende | Lysander Büchli (lysander.buechli@unibas.ch, BeurteilerIn) |
Inhalt | Der lediglich unter Pseudonym als strickære bekannte Dichter hat in der ersten Hälfte des 13.Jh gewirkt und ein ausgesprochen breites Œuvre hinterlassen. Teil davon ist der ‚Daniel‘, der die wenige Jahrzehnte zuvor aus der altfranzösischen in die deutschsprachige Literatur importierte Gattung des Artusromans nicht nur weiterführt, sondern sie in einer Art und Weise modifiziert, die auch für andere Texte dieses Dichters charakteristisch ist: Was jeweils als list bezeichnet wird und im Sinne von zweckrationaler Klugheit (prudentia) zu verstehen ist, ermöglicht den Protagonisten in den Erzählungen des Strickers den Handlungserfolg, derweil die Befolgung höfischer oder auch moralischer und religiöser Normen allein nicht ausreicht, mitunter nicht einmal zwingend gegeben sein muss. So kann die intellektuelle Überlegenheit der mit list begabten Figur auch in Konflikt geraten mit jenen tugendethischen Ordnungsvorstellungen, deren Vermittlung im Zentrum vieler Erzählungen der Vormoderne steht. Neben klassischen Themen des Artusromans spielt das potentielle Spannungsverhältnis zwischen list und Moral auch im ‚Daniel‘ eine wesentliche Rolle. Auch sonst werden hier arthurische Motive mit gattungsfremden Elementen vermengt, etwa solchen aus der antiken Mythologie oder der Chanson de geste. Der Handlungsverlauf weist nicht selten einen parodistischen Anstrich auf, wenn Daniel sich etwa mit bauchlosen Ungeheuern konfrontiert sieht oder im Reich von Clûse praktischerweise alle Damen stets von einem Babiân begleitet werden, einem Vogel, der immer genau so über ihren Köpfen schwebt, dass sie vor der Sonneneinstrahlung geschützt bleiben. Im Unterschied zur vielfältig gestörten und ironisch gebrochenen Umwelt erfährt der Held selbst dabei kaum eine Entwicklung – was wiederum der Gattungstradition zuwiderläuft: Umso interessanter sind die kuriosen Problemstellungen, mit denen sich der makellose Superheld Daniel konfrontiert sieht, und auf welch kreative Weise er diese zu lösen weiss. Die Merkmale und Akzente des Textes werden im Vergleich mit der Gattungstradition des Artusromans herauszuarbeiten sein, um generell einige Charakteristika mhd. Literatur kennenzulernen, aber auch das ganz eigene Profil eines vielseitigen mhd. Dichters herauszuarbeiten. Zu diesem Zwecke wird im Proseminar auch ein Blick auf andere kürzere Erzählungen des Strickers (‚Pfaffe Amîs‘, Mären) zu werfen sein, in denen dem mhd. list eine handlungsentscheidende Funktion zukommt. Im Zentrum des Seminars soll die Lektüre und Diskussion des Primärtextes stehen. Für eine adäquate Einordnung und Interpretation unabdingbar ist der Einbezug der Überlieferungsbedingungen, der poetischen Gestaltung und des literarhistorischen Hintergrunds. Daneben werden zentrale Aspekte aus zwei Jahrhunderten germanistisch-mediävistischer Forschungsgeschichte und ihre Bedeutung für den behandelten Text zur Sprache kommen, namentlich etwa das Verhältnis zwischen schriftlich fixierter Literatur und mündlicher Stoffvermittlung, erzähltechnische Verfahren und Gattungstraditionen, die handschriftliche Textvarianz, inhaltliche Gewichtungen und Tendenzen in der Stoffbearbeitung, Fragen zur Rezeption und Performativität mhd. Dichtung etc. |
Literatur | - Der Stricker: Daniel von dem Blühenden Tal (ATB, Bd. 92). Dritte Auflage. Hrsg. von Michael Resler. Berlin 2015. (eine nhd. Übersetzung wird zur Verfügung gestellt) - Der Stricker: Erzählungen, Fabeln, Reden. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Zweite Auflage. Hrsg. und übers. von Otfrid Ehrismann. Stuttgart 2011. - Der Stricker: Der Pfaffe Amis. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hrsg. und übers. von Michael Schilling. Stuttgart 1994. |
Teilnahmebedingungen | erfolgreich absolviertes PS I (Einführung in die mittelhochdeutsche Sprache, findet jeweils im Frühjahrssemester statt) |
Anmeldung zur Lehrveranstaltung | Die Anmeldung erfolgt über die im 1. Stock des Deutschen Seminars ausgehängten Kurslisten [auch über MonA/ADAM anmelden, massgeblich für den Erhalt des Platzes sind jedoch allein die ausgehängten Listen]. |
Unterrichtssprache | Deutsch |
Einsatz digitaler Medien | kein spezifischer Einsatz |
Intervall | Wochentag | Zeit | Raum |
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Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.
Module |
Modul: Grundstudium Germanistische Mediävistik (Bachelor Studienfach: Deutsche Philologie) |
Leistungsüberprüfung | Lehrveranst.-begleitend |
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung | Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich |
Wiederholungsprüfung | keine Wiederholungsprüfung |
Skala | Pass / Fail |
Wiederholtes Belegen | nicht wiederholbar |
Zuständige Fakultät | Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch |
Anbietende Organisationseinheit | Fachbereich Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft |