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18665-01 - Kolloquium: Max Scheler über Gemeinschaft 5 KP

Semester Herbstsemester 2007
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Angelika Krebs (angelika.krebs@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen. Er möchte seine Handlungen und Gefühle mit anderen Menschen teilen, sei es in der Liebe, in der Musik, im Sport oder in der Arbeit. Der Mensch ist aber nicht nur ein Gemeinschaftswesen. Er ist auch ein autonomes Wesen. Er möchte sein Leben durch Gründe, die ihm einleuchten, selbst bestimmen und nicht von anderen bestimmt werden. Und er ist ein individuelles Wesen. Er möchte etwas Besonderes sein, nicht eine blosse Nummer. Die dem Menschen in seiner Besonderheit und Autonomie angemessene Form der Gemeinschaft ist die personale Gemeinschaft.

Die personale Gemeinschaft bildet sich auf der Grundlage der Anerkennung eines jeden Mitgliedes als autonome und individuelle Person. Wo diese Grundlage dauerhaft verletzt wird, ist personale Gemeinschaft nicht möglich. Unterdrückung der Autonomie und Missachtung der Besonderheit einer Person ist nicht nur moralisch falsch, sondern verstösst auch gegen die Regeln wahrer menschlicher Gemeinschaft. Wer gegen Unterdrückung und Missachtung in einer Gemeinschaft aufbegehrt, zerstört nicht die Gemeinschaft, ihren Zusammenhalt, ihre Harmonie, er klagt vielmehr die konstitutiven Grundlagen der Gemeinschaft allererst ein. Die Gemeinschaft zerstört vielmehr der, der unterdrückt und missachtet oder der, der dies mit ansieht und nichts dagegen tut.
Der Phänomenologe Max Scheler unterscheidet in seinem Hauptwerk „Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik“ von 1913/1916 vier Formen menschlicher Verbindung: die Masse, die Lebensgemeinschaft, die Gesellschaft und die personale Gemeinschaft.

Die Masse basiert auf dem Prinzip der Ansteckung und ist keine Gemeinschaft im eigentlichen Sinne. Die Lebensgemeinschaft, etwa eines Stammes, ist zwar eine Gemeinschaft, aber eine subpersonale. Die Gesellschaft schützt zwar die Rechte der Einzelperson, ist aber wiederum keine Gemeinschaft. Erst die personale Gemeinschaft schliesslich ist die dem Menschen in seiner Personalität angemessene Form der Gemeinschaft. Die Einsicht, dass eine wahre menschliche Gemeinschaft ohne Respekt für die Autonomie und Besonderheit ihrer Mitglieder nicht möglich ist, ist mit Scheler so zu formulieren: ohne Gesellschaft keine personale Gemeinschaft.

Wir wollen im Forschungskolloquium zusammen den Scheler’schen Text mit Blick auf diese zentrale Einsicht genau lesen. Dies ist in einem Semester gut zu bewältigen, da der relevante Textausschnitt „Einzelperson und Gesamtperson“ (Zweiter Teil VI. B. 4. 4.) lediglich 40 Seiten umfasst. Wir werden fragen, wie sich Schelers Unterscheidung zwischen den vier Formen menschlicher Bindung verhält zu seiner Unterscheidung zwischen den vier Formen des Mitgefühls (Miteinanderfühlen, Mitfühlen mit, Ansteckung und Einsfühlen). Wir werden bei Bedarf weitere Texte von Scheler, von seinen Zeitgenossen (u.a. Edith Stein) und von unseren Zeitgenossen (u.a. aus der Kommunitarismus- und der „Joint Action“-Debatte) hinzuziehen. Wer werden ferner versuchen, die zentrale Einsicht in das Bedingungsverhältnis von Gesellschaft und Gemeinschaft zu konkretisieren für verschiedene Formen der Gemeinschaft, zum Beispiel für die partnerschaftliche Liebe.

Damit im Kolloquium eine philosophisch dichte personale Diskussionsgemeinschaft entstehen kann, ist die Teilnehmerzahl auf 12 beschränkt. Die Arbeitsform wird eine entsprechend intensive sein. Wir werden genau lesen und diskutieren. Wir werden jede Woche kurze Texte zu dem Gelesenen verfassen und untereinander austauschen.
Literatur Max Scheler: „Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik“. Bonn: Bouvier Verlag 2000, S. 509-548.
Bemerkungen Kann im Lizentiatsstudium als Oberseminar angerechnet werden

 

Teilnahmebedingungen Nur für Studierende, die den Grundkurs Praktische Philosophie oder vergleichbare Kenntnisse in der Praktischen Philosophie vorweisen können.
Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz

 

Intervall Wochentag Zeit Raum

Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.

Module Modul Praktische Philosophie (Master Studienfach: Philosophie)
Leistungsüberprüfung Lehrveranst.-begleitend
Hinweise zur Leistungsüberprüfung 5 KP für die aktive mündliche Mitarbeit plus (obligatorisch, mit Learning Contract) 5 KP für die wöchentlichen Essays
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich
Wiederholungsprüfung keine Wiederholungsprüfung
Skala Pass / Fail
Wiederholtes Belegen nicht wiederholbar
Zuständige Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Philosophisches Seminar

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