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52051-01 - Vorlesung: Literatur in Zeiten der Inquisition: Marranen, Morisken, Protestanten im Spanien der Frühneuzeit 2 KP

Semester Herbstsemester 2018
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Harm Den Boer (harm.denboer@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Literatur in Zeiten der Inquisition: Exil und Untergrund: Marranen, Morisken, Protestanten im Spanien der Frühneuzeit (1559 - 1700).

Spaniens Aufstieg als Weltmacht ab Ende des 15. Jahrhunderts war wohl gleichzeitig ein Zusammenlauf von Schicksalereiginisse als Resultat einer Reihe von politischen und militärischen Entscheidungen. Columbus öffnete Spanien die Türe zu einer Neuen Welt, Aragón (Katalonien) erlebte eine ungekannte Expansion im Mittelmeer, Kastilien wurde mit der Krönung des 'fremden' Karl I. (Karl V.), zum Hauptrollenspieler in Europa; die spanische Monarchie konnte sich mit König Philip II rühmen, dass unter seiner Herrschaft in einem Reich das sich von den Philippinen bis zur Neuen Welt erstreckte, die Sonne nie unterging,

Wie so oft werden Prophezeiungen erst nachher aufgeschrieben. Ein providenzieller Diskurs würde der Monarchie begleiten, waren doch die «katholische Könige» auf einer von Gott unterstützten Mission im Dienst des Christentums. Opfer dieses Diskurs waren bekanntlich die religiösen Anderen: in 1492 wurde mit der Eroberung Granadas der letzte Rest von Al Andalus, der muslimischen Herrschaft, beendet und auch wenn den Besiegten versprochen wurde, dass sie ihr Glauben behalten dürften, dauerte es nicht lang bevor alle noch auf dem iberischen Halbinsel verbleibenden Muslime getauft wurden. 1492 ist auch das Jahr der Vertreibung der Juden; nur wer das Christentum annahm, konnte bleiben. Mit der Gründung einer spanischen Inquisition bekam die Monarchie ein Instrument um das religiöse Verhalten der Neugetauften -auch «Neuchristen» genannt- zu überwachen; bald wurde diese Inquisition ein wichtiges Instrument zur religiös-gesellschaftlichen Kontrolle (auch in Amerika).

Was die intellektuelle Produktion betrifft, so wurden mit Zensur durch verschiedenen veröffentlichte Indices librorum prohibitorum et expurgatorum ein klares Zeichen für eine ideologische Kontrolle gesetzt. Die bekanntesten Verbote gelten wohl der Bibeln in der Volkssprache, wodurch erste gedruckte Bibelübersetzungen ausserhalb Spaniens statthatten; oder auch das Werk von Erasmus von Rotterdam, ein Autor der sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert einer ausserordentlich grossen Popularität in Spanien erfreuen konnte. Mit der Zensur wurde in Spanien die religiöse oder sogar die intellektuelle Freiheit zum Schweigen gebracht.

Über das genaue Funktionieren der Zensur ist dennoch weniger bekannt als generell angenommen wird. Die "Schwarze Legende" Spaniens hat wesentlich dazu beigetragen die spanische Kultur und den wissenschaftlichen Diskurs als rückstandig zu betrachten. Wie wir jetzt wissen, war die Effektivität der Zensur aber beschränkt, sodass sich doch ein wissenchaftlicher Diskurs zu entwicklen vermochte.

Diese Vorlesung untersucht den Bereich der Inquisition und die ideologische Kontrolle in Spanien und beschäftigt sich mit der Kultur von drei unterdruckten Minderheiten.

Marranen. Wir untersuchen von Neuchristen verfasste und erschienene Texte, auf ihr kritisches Potential hin. Auch weniger bekannte, migrierte/exilierte Autoren werden besprochen, zum Beispiel Antonio Enríquez Gómez, Kaufmann und Autor eines umfangreichen Werkes, das swowohl innerahlb als auch ausserhalb Spaniens erschienen ist; die Ärzte portugiesischer Herkunft Cardoso und Orobio, die nach ihrem Wegzug aus Spanien zu bekannten Verfechter des Judentums wurden, oder Miguel de Barrios, ein andalusischer Barockdichter im jüdischen Amsterdam.

Protestanten. Obwohl die katholisch geprägte Monarchie unter Karl I. und Philipp II. zusammen mit der Inquisition ein Aufkommen des Protestantismus in Spanien im Keim erstickt hat, gab es ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einige signifikante Reformbewegungen, und haben geflüchtete spanische Protestanten ihre Spuren hinterlassen. Die bekanntesten Autoren sind hier Francisco de Enzinas, Antonio del Corro und Casiodoro de Reina durch ihre Bibelübersetzungen und um einen in Europa sehr einflussreichen Werk: die Artes Inquisitionis. Auch andere noch immer relativ unbekannte ausgewanderte Protestanten haben versucht den dominanten Katholizismus zu ändern, Cipriano de Valera und vor allem Tomás Carrascón.

Moriscos. Die bedeutende Minderheit der getauften Muslime, «Moriscos» genannt, war aktiv in der Landwirtschaft und wurde kaum integriert und hielt somit fest an ihren eigenen Sprache, Tracht und Bräuche fest. Gedemütigt und ignoriert und daher kaum assimiliert, waren sie ausserdem Gegenstand von heftigen Debatten in der christlichen Gesellschaft, bis zu ihrer dramatischer Vertreibung in 1609. In der heutigen Forschung wird immer mehr über die Art und die Quellen ihrer schriftlichen und oralen Widerstandskultur bekannt, überliefert in aljamiado-Texten und aufgenommen in Moriskenromanen.

Themen der Vorlesung

1. Inquisition, Zensur und Handhabung: eine lange Debatte in der spanischen Geschichte
2. Von Reform zur Verfolgung. Luther, Erasmus und die spanischen Reformisten
3. Die Brüder Valdés und der Diálogo entre Mercurio y Plutón
4. Bibel und Gegenreformation: spanische Bibelübersetzungen unter Druck (Fray Luis de León; die jüdische Bibel von Ferrara; die Biblia de Oso von Casiodoro de Reina, gedruckt in Basel)
5. Protestanten im Exil: Antonio del Corro, Tomás de Carrascón
6. Neuchristen und Neujuden: Lebwelten von Conversos
7. Antonio Enríquez Gómez und seine Doppelwelten
8. Von Fernando zu Isaac Cardoso, von Baltasar zu Isaac Orobio: Apologetik und Revanche
9. Literatur der Neujuden der Sefardischen Diaspora: iberisches Gedächtnis und religiöse Identität
10. Bekehrung und Assimilation der Muslime: Hundert Jahre Umgang mit den Morisken
11. Morisken: die Bleibücher von Sacromonte (Granada) und das Evangelio de San Bernabé
12. Neue Fünde des heterodoxen Spaniens der Frühmoderne: El Mancebo de Arévalo und Koranübersetzungen.
13. Erbe der Diversität, Erbe der Intoleranz: aktuelle Debatten über Spaniens multikultureller Vergangenheit.

 

Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz
HörerInnen willkommen

 

Intervall Wochentag Zeit Raum

Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.

Module Modul Geschichte, Literatur, Religion (Master Studienfach: Jüdische Studien)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Englisch)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Deutsche Literaturwissenschaft)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Slavistik)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Französistik)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Italianistik)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Latinistik)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Deutsche Philologie)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Nordistik)
Modul Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Hispanistik)
Modul Literaturgeschichte (Master Studiengang: Literaturwissenschaft)
Modul Spanische Literaturwissenschaft (Master Studienfach: Hispanistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Englisch)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Hispanistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Italianistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Nordistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Französistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studiengang: Altertumswissenschaften)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Deutsche Philologie)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Altertumswissenschaften)
Modul: Literatur aus Spanien und Lateinamerika vor 1700 (Bachelor Studienfach: Hispanistik)
Modul: Vertiefung Geschichte (Bachelor Studienfach: Jüdische Studien)
Leistungsüberprüfung Leistungsnachweis
Hinweise zur Leistungsüberprüfung Take-Home Prüfung am Ende des Semesters (verteilt in der vorletzten Vorlesungswoche).
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich
Wiederholungsprüfung eine Wiederholung, Wiederholung zählt
Skala Pass / Fail
Wiederholtes Belegen nicht wiederholbar
Zuständige Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Fachbereich Iberoromanistik

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