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70934-01 - Übung: Kreditwürdig und schuldenfrei?! Kritische Perspektiven auf Verschuldung 3 KP

Semester Frühjahrsemester 2024
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Theres Inauen (theres.inauen@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt «Wir wollen leben, frei und schuldenfrei sein!» –«¡Vivas, libres y desendeudadas nos queremos!» Mit diesem Ruf machen lateinamerikanische Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen im Kontext der Ni Una Menos-Bewegung und des Internationalen Feministischen Streiks seit einigen Jahren auf die Verknüpfung von patriarchaler, (post-)kolonialer und ökonomischer Gewalt aufmerksam. Dabei fordern sie unter anderem, Schulden aus einer intersektionalen Perspektive kritisch zu analysieren: als ein komplexes Gewalt- und Ausbeutungsverhältnis, in dem die abstrakten Logiken der globalen Finanzwirtschaft, der Austeritätsimperativ verschuldeter Staaten und vergeschlechtlichte Verschuldungsdynamiken auf einer alltagsweltlichen Ebene zusammenspielen. So versuchen sie beispielsweise die Rückkehr des IWF nach Argentinien im Jahr 2018, die in Folge der Staatsverschuldung reduzierten Sozialleistungen und die zunehmenden Angebote, insbesondere für Frauen, Mikrokredite aufzunehmen, in deren Zusammenhang zu erklären, zu kritisieren und kollektive widerständige Praktiken zu entwickeln.

Aus einer kulturanthropologischen Perspektive sind diese Analysen spannend, weil sie von den Erfahrungen und Praktiken der verschuldeten Akteur:innen ausgehen und diese im Kontext (nationaler, globaler und historisch gewachsener) gesellschaftlicher Machtverhältnisse diskutieren. Und weil sie dazu auffordern, auch in anderen gesellschaftspolitischen Kontexten über die Thematisierung von Schulden und Dynamiken der Verschuldung nachzudenken. Wo und wie wird beispielsweise im Schweizer Kontext über Schulden geredet? Wie werden diese in queerfeministischen Forderungen, staatspolitischen Debatten oder ökonomischen Analysen thematisiert? Welche Fremdzuschreibungen und Selbstbilder verschuldeter Menschen existieren? Und wie spielen hier in konkreten Erfahrungen verschiedene gesellschaftlich wirkmächtige Differenzkategorien wie gender, race, class u.v.m. zusammen?

Im ersten Teil der Übung lesen und diskutieren wir ausgewählte Texte lateinamerikanischer Autor:innen sowie weitere aktuelle Texte, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven kritisch mit Schuld(en) und Verschuldung befassen.

Im zweiten Teil der Übung fragen wir, wie wir das Gelesene und Diskutierte in eigene Fragestellungen übersetzen können. Mit welchen Begrifflichkeiten und Perspektiven arbeiten wir weiter? An welchen Forderungen docken wir an? Inwiefern können Überlegungen aus lateinamerikanischen Kontexten auf hiesige Erfahrungen mit und Debatten rund um Schulden und Verschuldung übertragen werden? Welche kulturwissenschaftlichen Methoden könnten wir dabei verwenden? Wir führen kleine Recherchen und erste Erkundungen durch und arbeiten im gemeinsamen Austausch an Konzepten für mögliche konkrete empirische Forschungsarbeiten, die Schulden aus einer kulturanthropologischen und/oder geschlechtertheoretischen Perspektive befragen.
Lernziele - Die Studierenden setzen sich mit gegenwärtigen wissenschaftlichen und aktivistischen Perspektiven auf Schulden und Verschuldung auseinander.

- Sie diskutieren die jeweils verwendeten Begrifflichkeiten, Konzepte und Argumentarien in deren Bezug auf verschiedene Theorietraditionen sowie deren Verortung in sozialen Bewegungen.

- Die Studierenden recherchieren gesellschaftliche und alltagsweltliche Bereiche, in denen Schulden und Verschuldung aktuell thematisiert werden.

- Die Studierenden lernen ausgewählte kulturwissenschaftliche Methoden kennen und wenden diese in ersten explorativen Erkundungen an.

- Aufgrund dieser Erkundungen entwickeln sie im gemeinsamen Austausch eigene Fragestellungen und Forschungskonzepte für eine mögliche weiterführende Auseinandersetzung mit dem Thema.
Literatur Eine ausführliche Literaturliste wird zu Beginn der Lehrveranstaltung bekannt gegeben.

- Cavallero, Luci, Verónica Gago: A Feminist Reading of Debt. London 2021.

- Federici, Silvia: From Commoning to Debt: Financialization, Micro-Credit and the Changing Architecture of Capital Accumulation. In: CADT, Commettee for the Abolition of Illegitimate Debt, 14 June 2016. URL: https://www.cadtm.org/From-Commoning-to-Debt (Stand: 28.08.2023).

- Bildpunkt, Zeitschrift der IG Bildende Kunst: Zur Ästhetischen Ökonomie der Schulden, 56 (2021). URL: https://igbildendekunst.at/bildpunkt/zur-aesthetischen-oekonomie-der-schulden/ (Stand: 28.08.2023).

- Lazzarato, Maurizio: Die Fabrik des verschuldeten Menschen. Essay über das neoliberale Leben. Berlin 2012.

- Meyer, Silke: Das verschuldete Selbst. Narrativer Umgang mit Privatinsolvenz. Frankfurt 2017.
Bemerkungen Seminararbeiten können per Learning Contract im Anschluss an die Übung geschrieben werden.

Die Übung knüpft an die Lehrveranstaltung «Let’s talk about class(ism)! Einführung in die gegenwärtigen Debatten zu sozialer Klasse und Klassismus» (FS 2023) an; der Besuch der Übung steht jedoch allen Studierenden mit abgeschlossenem Grundstudium offen.

 

Teilnahmebedingungen Das Grundstudium muss abgeschlossen sein.

Die Teilnehmenden werden nach Fachrichtung, Studiengang und in der Reihenfolge ihrer Anmeldung auf die Liste gesetzt. Wer im Rahmen von Auslandaufenthalten und von Austauschprogrammen in Basel studiert, wird unabhängig vom Listenplatz immer aufgenommen.
Anmeldung zur Lehrveranstaltung Belegen via MoNA.
Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz

 

Intervall Wochentag Zeit Raum
wöchentlich Donnerstag 16.15-18.00 Alte Universität, Seminarraum 207

Einzeltermine

Datum Zeit Raum
Donnerstag 07.03.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 14.03.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 21.03.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 28.03.2024 16.15-18.00 Uhr Ostern
Donnerstag 04.04.2024 16.15-20.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 11.04.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 18.04.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 25.04.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 02.05.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 09.05.2024 16.15-18.00 Uhr Auffahrt
Donnerstag 16.05.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 23.05.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Donnerstag 30.05.2024 16.15-18.00 Uhr Alte Universität, Seminarraum 207
Module Modul: Methoden der Geschlechterforschung: Kulturwissenschaftliche Methoden (Bachelor Studienfach: Geschlechterforschung)
Modul: Methoden und Felder der Kulturanthropologie (Bachelor Studienfach: Kulturanthropologie)
Modul: Research Lab Kulturanthropologie (Master Studienfach: Kulturanthropologie)
Modul: Theorien der Kulturanthropologie (Bachelor Studienfach: Kulturanthropologie)
Modul: Theorien und Methodologien der Kulturanthropologie (Master Studienfach: Kulturanthropologie)
Leistungsüberprüfung Lehrveranst.-begleitend
Hinweise zur Leistungsüberprüfung - Gründliche Vorbereitung der Pflichtlektüre.

- Regelmässige und aktive Teilnahme an der Veranstaltung (Mitgestaltung der Sitzungen in Form von Inputs und Engagement in den Diskussionen).

- Gemeinsame Recherchen und Erkundungen sowie gemeinsames Entwickeln eines Konzepts für eine empirische Forschungsarbeit.

- Kurze abschliessende schriftliche Reflexion.
An-/Abmeldung zur Leistungsüberprüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich
Wiederholungsprüfung keine Wiederholungsprüfung
Skala Pass / Fail
Wiederholtes Belegen nicht wiederholbar
Zuständige Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Fachbereich Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie

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