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Semester | Frühjahrsemester 2020 |
Angebotsmuster | einmalig |
Dozierende | Arno Haldemann (arno.haldemann@unibas.ch, BeurteilerIn) |
Inhalt | Betrachtet man das späte Ancien Régime im Gebiet der Eidgenossenschaft, so zeichnet sich ein ambivalentes historiographisches Bild zwischen reformerischer Innovationskraft und krisenhaftem Stilltand ab. Gerade dieser Gegensatz zwischen Erneuerung und Beharrlichkeit erscheint charakteristisch für diese Episode in der Schweizer Geschichte. Einerseits lassen sich, wie die jüngere Schweizer Geschichte betont, zahlreiche dynamisierende Aspekte und Phänomene des Wandels ausmachen: Demographisches und wirtschaftliches Wachstum steigen an. Der Warenverkehr intensiviert sich. Die Diskrepanz zwischen sozialem Stand und individueller Lebensführung nimmt allmählich zu. Das zeigt sich am Konsumverhalten und der Vervielfältigung der Lebensformen. Es ist eine allgemeine Pluralisierung von Weltanschauungen zu verzeichnen. Das Gefälle zwischen Stadt und Land und die sozialen Ungleichheiten werden akzentuiert. Verschärfte Ressourcenengpässe führen zu Verteilungs- und Nutzungskonflikten und verlangen nach innovativen Lösungen. Es bilden sich neue Formen der Öffentlichkeit und Medien. Aufklärerische Sozietäten formieren sich, fördern die Wissenschaften und begünstigen ein gemeineidgenössisches Bewusstsein. Ihre gebildeten Mitglieder diskutieren Reformen in Bildung, Ökonomie, Politik, Militär, Medizin, etc. Die gesamtgesellschaftliche Stellung der Kirchen und Kleriker verändert sich, der Konfessionalismus nimmt ab. Andererseits lassen sich ebenso deutlich Elemente des Stillstands auf verfassungsgeschichtlicher Ebene erkennen, die von der älteren Geschichtsschreibung sehr stark hervorgehoben wurden. Die ständisch-korporativen Strukturen offenbaren sich sowohl auf der Ebene der Klein- als auch Kleinststaaten als sehr beständig. Insbesondere in den patrizischen Orten lässt sich im Zeitalter der Aufklärung gar eine Akzentuierung der Aristokratisierung der Führungselite feststellen, die mit einem spezifischen Habitus dieser Schichten einhergeht. Diese Entwicklung steht in Widerspruch zu zeitgenössischen Gleichheitsforderungen und wirtschaftlichem Leistungspotential. Zwar werden sie durch einzelne Konflikte im Verlauf des 18. Jahrhunderts temporär und äusserst punktuell wiederholt angefochten, bleiben darüber hinaus aber weitgehend erhalten. Als Gesamtes betrachtet erscheint die Eidgenossenschaft in ihrer Staatlichkeit rückständig. Dagegen wurde die Helvetische Republik von der Geschichtswissenschaft oftmals ausschliesslich unter den Vorzeichen des Fortschritts und des revolutionären Umbruchs beurteilt. Unter dem Eindruck des vermeintlichen helvetischen Neuanfangs wurden fortbestehende Verbindungslinien zum spätaufklärerischen Reformabsolutismus nicht ausreichend berücksichtigt. Folglich soll auch die Helvetik im Proseminar einem prüfenden Blick unterzogen werden. Daraus soll eine differenzierte Betrachtung von Entwicklungen in Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Institutionen und Verfassung im Spannungsverhältnis von Wandel und Kontinuitäten resultieren. |
Lernziele | Das Ziel des Proseminars ist es, in Gegenüberstellung und Vergleich von ausgehendem Ancien Régime (18. Jahrhundert) und Helvetischer Republik (1798-1803) zu einer verhältnismässigen Beurteilung dieser beiden Epochen zu gelangen. Gleichzeitig sollen dabei grundlegende Kenntnisse der Schweizer Geschichte vermittelt und vertieft sowie Techniken des geschichtswissenschaftlichen Handwerks eingeübt werden. Das Proseminar wird nach der Lektüre und Diskussion einschlägiger Forschungsliteratur ausgewählte Quellen aus unterschiedlichen eidgenössischen Orten und unter verschiedenen historiographischen Gesichtspunkten analysieren. Anhand des Quellenmaterials und der Sekundärliteratur diskutieren wir allgemeine Fragen, die sich in Bezug auf das Verhältnis von Reform und Krise stellen. Geplant ist auch eine Exkursion ins Haus zum Kirschgarten in Basel. Dabei sollen anhand des plastischen Beispiels kulturelle Aspekte des ausgehenden Ancien Régime diskutiert und konkretisiert werden. |
Literatur | Vorbereitende Lektüre Holenstein, André, Beschleunigung und Stillstand. Spätes Ancien Régime und Helvetik (1712-1802/03), in: Die Geschichte der Schweiz, hrsg. v. Georg Kreis, Basel 2014, 311-361. Weiterführende Lektüre Böning, Holger, Der Traum von Freiheit und Gleichheit. Helvetische Revolution und Republik (1798-1803), Zürich 1998. Maissen, Thomas, Geschichte der Schweiz, Baden 2015, 136-174. Reinhardt, Volker, Die Geschichte der Schweiz. Von den Anfängen bis heute, München 2014, 257-334. Braun, Rudolf, Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz. Aufriss einer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des 18. Jahrhunderts, Göttingen, Zürich 1984. |
Teilnahmevoraussetzungen | Für Studierende des BSF Geschichte im Grundstudium mit abgeschlossenem Einführungskurs Geschichte. Teilnahme an der ersten Sitzung ist obligatorisch. Die Teilnehmerzahl ist auf 25 beschränkt. Bei Überbelegung werden Studierende des BSF Geschichte, die noch kein Proseminar in dem Modul absolviert haben, bevorzugt zugelassen. |
Unterrichtssprache | Deutsch |
Einsatz digitaler Medien | kein spezifischer Einsatz |
Intervall | Wochentag | Zeit | Raum |
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Keine Einzeltermine verfügbar, bitte informieren Sie sich direkt bei den Dozierenden.
Module |
Modul: Basis Frühe Neuzeit (Bachelor Studienfach: Geschichte) |
Prüfung | Lehrveranst.-begleitend |
Hinweise zur Prüfung | Aktive Teilnahme. |
An-/Abmeldung zur Prüfung | Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich |
Wiederholungsprüfung | keine Wiederholungsprüfung |
Skala | Pass / Fail |
Belegen bei Nichtbestehen | nicht wiederholbar |
Zuständige Fakultät | Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch |
Anbietende Organisationseinheit | Departement Geschichte |