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75983-01 - Seminar: Die Erfindung der (weiblichen) Nation. Schriftstellerinnen und Emanzipation in Osteuropa (3 KP)

Semester Herbstsemester 2025
Angebotsmuster einmalig
Dozierende Anna Hodel Laszlo (anna.hodel@unibas.ch, BeurteilerIn)
Inhalt Dieses Seminar widmet sich der komplexen Verflechtungsgeschichte der Emanzipation der Frauen und der (trans)nationalen Identitäten in Osteuropa. Es wird untersucht, wie Narrative über Frauen geprägt und genutzt wurden, um neue Vorstellungen von Nationalität und kultureller Identität zu schaffen – gleichzeitig in Anlehnung wie auch in Abgrenzung zu westeuropäischen Modellen. Gleichzeitig geht es um die Frage, wann Feminismus und Nationalismus zu fruchtbaren Verbindungen fanden, um Autorinnen die Tür in literarische Felder zu öffnen, und auch wann diese Ideen in paradoxen Widersprüchen zueinander standen und gerade Frauen andere Formen gesellschaftlicher Organisation avancierten. Wir werden diskutieren, wie Geschichtenerzählen, Literatur und politischer Diskurs sowohl zu verschiedenen Emanzipationsbewegungen als auch zur Konstruktion und Dekonstruktion weiblicher Rollen in osteuropäischen Gesellschaften beigetragen haben, vornehmlich im langen 19. Jahrhundert. Durch spannende Nahlektüren und Explorationen theoretischer Zugänge erhalten die Teilnehmer:innen ein tieferes Verständnis für die miteinander verflochtenen Prozesse von Narration und Emanzipation, die die Geschichte der osteuropäischen Regionen in vielschichtiger und aufgrund der männerzentrierten Geschichtsschreibung oft vergessener Weise geprägt haben.
Ob Sie sich für Gender Studies, Geschichte oder Kulturwissenschaften interessieren (nebst der Literatur), dieses Seminar bietet einen spannenden Einblick in die Rolle, die Frauen in der Gestaltung der modernen Nationen gespielt haben oder hätten gespielt haben können, und auch, welche anderen Modelle der gesellschaftlichen Organisation von Autorinnen aus dem europäischen Osten literarisch verhandelt und erwirkt wurden.

Neben Portraits und Nahlektüren einiger Autorinnen werden u.a. folgende Fragestellungen bearbeitet:
– Kanonkritik: Was ist ein literarischer Kanon? Was ist ein nationaler literarischer Kanon? Wann wurde diese Idee erfunden, was wurde sonst noch erfunden damals und welche Rolle spielt die Epoche der «Romantik» dabei? Ausserdem: Wie funktioniert(e) Nationalliteratur im imperial und transnational geprägten Osteuropa? (Kritikperspektiven aus mind. 2 Jahrhunderten) Und: «Herstories»: Wie wird aus der heutigen Zeit an die Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts erinnert? Wie können Kanons umgeschrieben werden?
– Literatursoziologisch: Welche Rolle spielt die Vorstellung einer europäischen Nationenfamilie («a Europe of Nations») für die osteuropäische Literatur des 19. Jahrhundert? Welche alternativen Modelle waren für die osteuropäischen Regionen wichtig? Und: Wer schreibt? Wer kann/ darf schreiben? Welche Rollen-, Aktions- und Schaffensmuster sowie Geschlechtervorstellungen sind damit verbunden? Ausserdem: Welche Rolle spielen Netzwerke, Solidarität, Empathie für die Literatur des 19. Jahrhunderts und welche poetischen und sysmtischen Formen können sie annehmen? (Fraternité – et sororité?) Welche Rolle spielen im osteuropäischen 19. Jh. Zeitschriften? Feministische Zeitschriften?
– Literaturpolitisch: Was ist ein Nationaldichter? Was sind Vorstellungen literarischer Nationen? Oder des literarischen Nationalismus? Wie konfigurieren (National-)Literaturen kulturelle Identitäten? Wie konstruieren und utilisieren sie Differenz und Alterität? Und: Was ist mit den Frauen in dieser Konstellation? Und was mit den osteuropäischen Frauen?
– Literatursoziopolitisch: Welche Formen der nationalen (ethnischen) Emanzipation treffen wie und wie spannungsgeladen auf Formen der genderbezogenen Emanzipation in den osteuropäischen Literaturen des langen 19. Jahrhunderts? (# Doppelbelastung der Frauen? Oder Synergie Feminismus und Nationalismus?)
– Soziopoetisch: Wie funktioniert poetische Emanzipation? Was ist narrative Emanzipation? Wie funktioniert sie nicht nur motivisch, sondern auch sprachlich, literarisch? Geht es um Transgression? Um Widerstand? Um das Neue? Ausserdem: Frauenbilder: Wie werden Frauen in den Literaturen zur Zeit der Erfindung der Nation portraitiert? Welche narrativen, semiotischen und poetischen Funktionen nehmen sie ein? Und nicht zuletzt: Widerstand und Subversion: Wie leisten Frauen literarisch Widerstand oder subvertieren mit poetischen, sprachlichen und literarischen Mitteln die ihnen zugedachten Rollen, Bilder und Funktionen?
Literatur Folgende Autorinnen werden u.a. im Zentrum stehen: Lesya Ukrainka, Olha Kobylanska, Zofka Kveder, Dragojla Jarnević, Teréza Nováková, Elena Gjika (alias Dora d’Istria), Mina Karadžić u.a. (Alle Texte werden im Original wie auch in Übersetzungen zugänglich sein.)

Eine ausführliche Liste von Sekundärliteratur wird zu Beginn des Semester bekannt gegeben.

Einen kleinen Einblick bietet diese Liste:

Katja Mihurko, “Nation and Gender in the Writings of Slovene Women Writers, 1848-1918”. In Aspasia, No. 2, 2008, p. 28-43.

Graźyna Borkowska, Alienated Women: A Study on Polish Women’s Fiction, 1845-1918, Budapest, Central European University Press, 2001.

Ida Blom, Karen Hagemann and Catherine Hall (eds.), Gendered Nations: Nationalisms and Gender Order in the 19th Century, Oxford, Berg, 2000.

Sylvia Paletschek and Bianka Pietrow-Ennker (eds.), Women’s Emancipation Movements in the 19th Century: a European Perspective, Stanford, Stanford University Press, 2004.

Amelia Sanz, Francesca Scott and Suzan van Dijk (eds.), Women Telling Nations, Leiden, Brill, 2014
A History of Central European Women’s Writing, Celia Hawkesworth (ed.), Houndmills, Palgrave, 2001.

Andrea Peto, “Writing Women’s History in Eastern Europe: Towards a ‘Terra Cognita’?”. In Journal of Women’s History, vol. 16, No. 4, 2004, p. 173-181;

Francisca de Haan, Krasimira Daskalova and Anna Loutfi (ed.), Biographical Dictionary of Women’s Movements and Feminisms in Central, Eastern, and South Eastern Europe: 19th and 20th Centuries, Budapest, Central European University Press, 2006;

Mary Zirin, Irina Livezeanu, Christine D. Worobec and June Pachuta Farris (ed.), Women and Gender in Central and Eastern Europe, Russia, and Eurasia: A Comprehensive Bibliography, in 2 volumes, London, Routledge, 2007;

Rosalind Marsh, New Women’s Writing in Russia, Central and Eastern Europe: Gender, Generation and Identities, Newcastle, Cambridge Scholars Publishing, 2020.

Ramona Mihaila (ed.), Transnational Identities of Women Writers in the Austro-Hungarian Empire, New York, Addleton Academic Publishers, 2013.

Agatha Schwartz and Helga Thorson, Shaking the Empire, Shaking Patriarchy: The Growth of a Feminist Consciousness across the Austro-Hungarian Monarchy, Riverside, Ariadne Press, 2015.

Krassimira Daskalova, “Clio on the Margins: Women’s and Gender History in Central, Eastern and Southeastern Europe”, Aspasia, No. 6, 2012, p. 125-185 and No. 7, 2013, p. 132-213.

Adele Marie Barker and Jehanne M. Gheith (eds.), A History of Women’s Writing in Russia, Cambridge, Cambridge University Press, 2002.

Olga Peters Hasty, How Women Must Write: Inventing the Russian Woman Poet, Evanston, Northwestern University Press, 2020.

Kathleen Hayes, A World Apart and Other Stories: Czech Women Writers at the Fin de Siècle, Prague, Karolinum Press, 2001.

 

Unterrichtssprache Deutsch
Einsatz digitaler Medien kein spezifischer Einsatz
HörerInnen willkommen

 

Intervall Wochentag Zeit Raum
wöchentlich Montag 16.15-17.45 Nadelberg 8, Seminarraum 13

Einzeltermine

Datum Zeit Raum
Montag 22.09.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 29.09.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 06.10.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 13.10.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 20.10.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 27.10.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 03.11.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 10.11.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 17.11.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 24.11.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 01.12.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 08.12.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Montag 15.12.2025 16.15-17.45 Uhr Nadelberg 8, Seminarraum 13
Module Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Slavistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Englisch)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Deutsche Philologie)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Französistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Hispanistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Italianistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Deutsche Literaturwissenschaft)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Latinistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Nordistik)
Modul: Interphilologie: Literaturwissenschaft MA (Masterstudium - Philosophisch-Historische Fakultät)
Modul: Literatur- und kulturwissenschaftliche Forschung (Master Studiengang: Literaturwissenschaft)
Modul: Literaturgeschichte (Master Studiengang: Literaturwissenschaft)
Modul: Slavische Kulturwissenschaft (Master Studienfach: Slavistik)
Modul: Slavische Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studiengang: Osteuropa-Studien)
Modul: Slavische Literaturwissenschaft BA (Bachelor Studienfach: Osteuropäische Kulturen)
Modul: Slavische Literaturwissenschaft MA (Master Studienfach: Slavistik)
Prüfung Lehrveranst.-begleitend
Hinweise zur Prüfung Die Teilnehmenden verpflichten sich zu einer regelmässigen Teilnahme, sind eingeladen, sich rege an den Diskussionen zu beteiligen und diese anhand von Lektüren zuhause vorzubereiten. Ausserdem sollen alle Teilnehmer:innen ein kleines Inputreferat vorbereiten, welches ermöglicht, das selbstständige Recherchieren eines Sachverhaltes zu üben, das Kondensieren und Argumentieren über damit verbundene Thesen, sowie das schriftliche wie mündliche Aufbereiten der Rechercheergebnisse. (Detaillierter wird dazu im Seminarplan informiert werden.)
An-/Abmeldung zur Prüfung Anmelden: Belegen; Abmelden: nicht erforderlich
Wiederholungsprüfung keine Wiederholungsprüfung
Skala Pass / Fail
Belegen bei Nichtbestehen nicht wiederholbar
Zuständige Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät, studadmin-philhist@unibas.ch
Anbietende Organisationseinheit Fachbereich Slavistik

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